Zuerst dachte ich nur, was singt Silbermond denn da jetzt? „Leichtes Gepäck“? Ein Aufruf zum Entrümpeln!?

Ehrlich gesagt: ich finde das Lied an einigen Stellen etwas seltsam getextet. Irgendwie holprig und nicht harmonisch. Und dann das Ende: wenn man denkt es ist vorbei, geht es normal weiter: das passt so schon mal gar nicht zum Inhalt!

Aaaaber!

Die Message ist klar. Das, was viele Bestseller Autoren – allen voran Werner Tiki Küstenmacher mit Simplify Your Life – schon vor Jahren publiziert haben, wird nun in einem Liedchen neu aufgelegt. Die Botschaft „je mehr Dinge du hast, desto mehr haben dich die Dinge!

Kenne ich! Denn auch in unserem Keller finden sich einige Säcke mit Kinderkleidung, aus denen unser Sohn schon lange herausgewachsen ist. Dort steht noch ein großes rotes Spielzeugauto und sonstige Spielsachen – zum Teil schon aus zweiter Hand – mit denen unser Sohn erst gar nicht gespielt hat. Sicher hängen bei mir im Schrank noch alte Anzüge, die ich nicht mehr trage und auch in den Schubladen liegen etliche Dinge, die seit Jahren nicht mehr angefasst worden sind. Und das alles, obwohl ich Simplify Your Life kenne und auch schon einen Tischkalender mit “organisiere dich selbst“ besitze, der mir jeden Tag eine pfiffige Idee vor Augen halten sollte, wie ich mein Leben schlanker und mit weniger Ballast lebe.

Vielleicht fand ich das Lied von Silbermond am Anfang aber gerade deswegen schlecht, weil es mich doch auf meine eigenen Unzulänglichkeiten hingewiesen hat. Denn weniger Ballast bedeutet für mich nicht nur, dass ich zu viel materielle Dinge habe. Nein, es bedeutet für mich auch, sich von unerledigten Aufgaben zu trennen, indem ich sie einenfach mal erledige, zum Beispiel von Säcken mit Kinderkleidung. Hier ist immer der Gedanke gewesen, einmal zum Trödelmarkt zu fahren und den kompletten Inhalt des Kofferraums zu verkaufen. Aber das ist so mit dem „man-müsste-mal-Projekten“. Die „man-müsste-mal-Projekte“ schwirren einem immer im Kopf rum und sie kommen immer wieder hoch. Mir fallen direkt drei solcher Projekte ein, die relativ einfach zu erledigen wären. Mensch, Rausch!

Beruflich habe ich diese man müsste mal Projekte eher nicht. Komisch! Entweder gibt es keine „man-müsste-mal-Projekte“ und dem beruflichen wird grundsätzlich ein anderer Stellenwert zugeschrieben, oder es liegt daran, dass berufliches doch eine andere verbindliche Arbeitsorganisation mit sich bringt, in denen Zeiten eingeräumt werden, um genau solche Dinge zu erledigen. Also aus „man-müsste-mal“ wird „das-muss-noch-gemacht-werden“.

Da muss ich noch mal genau hinschauen!

Psychologisch ist es bei den materiellen Dingen zumindest gut erklärbar. Sich von Dingen zu trennen, die man selbst in den Händen hält oder gehalten hat ist weitaus schwieriger, als Dinge erst gar nicht zu besitzen. Das ist der „Endowment-Effekt“ oder auf auf deutsch der Besitztumseffekt. Kinderkleidung aus dem Keller zu verkaufen ist demnach purer Schmerz! Neurologisch nachgewiesen in der Inselrinde des Gehirns. Aber trifft das in dem Fall meiner alten Anzüge und den Säcken mit Kinderkleidung zu? Ich glaub, es ist doch eher Bequemlichkeit. Also doch: Keller aufräumen! Toll! Oder ich nehm‘ doch besser die Argumente von wegen Psychologie! Besitztumseffekt! Das passt! Ich kann mich einfach nicht trennen.

Auf jeden Fall hat mich dieses Lied doch mehr beschäftigt als ich wollte. Und bis auf das Ende und den Aufruf, die unbezahlten Rechnungen einfach wegzuschmeißen, ist der Song ja doch ganz gut gelungen! Keep on Rocking!